
Es waren dramatische Szenen, die sich vor knapp sieben Monaten an der Hochschule Hamm-Lippstadt abgespielt haben. Ein Ex-Student stach mit einem Küchenmesser wahllos auf mehrere Personen ein. Eine Gastdozentin starb, drei Studierende wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Am Freitag ist der 34-Jährige am Dortmunder Schwurgericht auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen worden.
Auslöser der Tat waren Wahnvorstellungen. Laut Urteil war der Täter davon überzeugt, dass alle Personen an der Hochschule zu einem Clan gehören, der ihn umbringen will. Dafür wollte er sich rächen.
„Es war mir egal, ob sie sterben oder nicht“
Er selbst hatte im Prozess von „Zufallsopfern“ gesprochen. „Es war mir auch völlig egal, ob sie sterben oder nicht“, sagte der Beschuldigte den Richtern. Er habe sich keinerlei Gedanken gemacht. „Ich habe nicht mal das Blut gesehen.“
Die Gastdozentin hatte an jenem 10. Juni 2022 ganz vorne im Hörsaal gesessen, als der 34-Jährige mit einem wuchtigen Küchenmesser in der Hand hereinstürmte. „Jetzt ist Schluss! Jetzt bist Du dran!“ Das waren seine Worte, bevor er zustach.
34-Jähriger leidet an paranoider Schizophrenie
Die Klinge drang von oben in die Brust der 30-Jährigen ein, traf die Lungenschlagader. Die Frau hatte keine Chance – trotz Not-OP. Sie war am nächsten Tag im Krankenhaus verstorben. Zuvor hatte der 34-Jährige schon im Foyer für Angst und Schrecken gesorgt. Einer Studentin stach er in die Schulter, einer anderen in den Bauch. Ein dritter Student erlitt eine Schnittverletzung im Gesicht.
Besonders tragisch: Der 34-Jährige hat wahrscheinlich schon seit rund zwei Jahren an paranoider Schizophrenie gelitten. Das war jedoch nicht bemerkt worden – weder von den Eltern, noch von Ärzten.
Täter wurde kurz vorher entlassen
Selbst am Tag vor dem Amoklauf war er nach einem Suizidversuch mit Tabletten noch einmal in die Psychiatrie eingewiesen worden. Doch auch dort hatte man die Wahnvorstellungen des 34-Jährigen nicht erkannt und ihn wenige Stunden vor der Tat wieder entlassen. „Eigenartig“ fand das Richter Thomas Kelm bei der Urteilsbegründung.
Das Tatmesser hatte sich der 34-Jährige direkt nach seiner Entlassung gekauft. Genau wie ein Paar feste Schuhe. Er hatte die Klinik in Badeschlappen verlassen und war so durch Hamm gelaufen.
„Eine Tragödie“
„Jeder, der diesen Prozess verfolgt hat, dürfte erkannt haben, dass dieser Mann sehr krank ist“, sagte Staatsanwältin Maribel Andersson. Auch Verteidigerin Ina Klimpke sprach von einer „großen Tragödie“, bei der es nur Verlierer gebe.
Wie lange der 34-Jährige in der geschlossenen Psychiatrie bleiben muss, ist unklar. Er kann erst entlassen werden, wenn er keine Gefahr mehr darstellt. Dass kann auch bedeuten, dass er für den Rest seines Lebens dort bleiben muss. Das Problem: Bis jetzt haben die Medikamente kaum Wirkung gezeigt. Auch im Prozess war der Ex-Student noch überzeugt davon, dass er von einem Clan verfolgt wird, der ihn töten will.
Das Dortmunder Schwurgericht wertete die Taten als Totschlag und als gefährliche Körperverletzung. Eine Haftstrafe kam jedoch nicht in Betracht. Der Ex-Student galt aufgrund seiner Wahnvorstellungen als schuldunfähig. Richter Kelm: „Er hat sich keine Gedanken gemacht. Er wollte einfach nur zustechen.“