
Rechnerisch ist alles ein Kinderspiel, das weiß auch Hansi Flick. Ein 8:0-Torfest gegen Costa Rica – und Deutschland steht in Katar sicher im WM-Achtelfinale. Doch mit dieser verwegen klingenden Fußball-Rechnung sollte man dem Bundestrainer besser nicht kommen. „Es wäre sehr vermessen, sehr respektlos Costa Rica gegenüber, wenn wir davon ausgehen, acht Tore zu schießen“, sagte Flick vor dem Gruppenfinale am Donnerstag (20.00 Uhr/ARD und MagentaTV) im Al-Bait-Stadion, in dem die Nationalmannschaft mindestens einen Sieg, aber eben womöglich auch ganz viele Tore benötigt.
Für Bundestrainer Flick steht viel auf dem Spiel
Flick klang verschnupft am Mittwoch, was aber im Land der vielen Klimaanlagen einer Erkältung geschuldet war. Vor allem aber rechnet er anders. Der 57-Jährige weiß, dass nach zwei sieglosen Partien trotz des befreienden Füllkrug-Treffers beim 1:1 gegen Spanien das Costa-Rica-Spiel alles andere als ein Selbstläufer wird. „Wir sind froh, wenn wir das Spiel gewinnen“, sagte Flick. In seinem 19. Länderspiel als Bundestrainer muss er liefern. Zu viel steht auch für ihn persönlich auf dem Spiel.
Das dokumentierte die schon 30 Stunden vor dem Anpfiff gestellte Reporterfrage, ob Flick „zu 100 Prozent bestätigen“ könne, dass das Spiel gegen Costa Rica nicht sein letztes als Bundestrainer sein werde? Ein wissendes Lächeln huschte im Pressekonferenzraum über Flicks gebräuntes Gesicht. Dann sagte er mit ruhiger Stimme: „Versprechen? Ich kann es bestätigen von meiner Seite aus. Ich weiß nie, was ansonsten da noch kommt. Aber ich habe einen Vertrag bis 2024 und freue mich natürlich auch auf die Heim-EM.“
DFB-Team muss gegen Costa Rica siegen
Was kommt nach der Wüstennacht von Al-Chaur? Das dritte Gruppenspiel hält für Flick und seine 26 WM-Spieler ein ganzes Sammelsurium an möglichen Wendungen und Fallstricken bereit. Es ist vieles möglich – und das in emotionalen Extremen: Vom Weiterkommen als Gruppenzweiter bis zum erneuten Scheitern vier Jahre nach dem historischen Vorrunden-Aus in Russland mit anschließenden Personaldiskussionen und Grundsatzdebatten. „Druck verspüre ich gar nicht“, behauptete Flick. Vielleicht stimmt das sogar, denn für Was-wäre-wenn-Gedanken hat er gerade keine Zeit. Es geht darum, die richtige Taktik und das richtige Personal zu finden, um doch noch am Dienstag ein Achtelfinale gegen Kroatien, Marokko oder Belgien bestreiten zu können. „Dafür sind wir da“, sagte der Bundestrainer.
Die rechnerische Ausgangslage in Gruppe E ist so klar wie kompliziert. Fakt ist: Nur mit einem Sieg ist der Sprung von Platz vier auf zwei noch möglich. Dramatisch wird es, wenn die Japaner überraschend Spanien besiegen sollten. Dann türmt sich Spaniens 7:0 gegen Costa Rica vor Flicks Team zum Mount Everest auf, weil Deutschland dann mit acht oder mehr Toren Unterschied gewinnen müsste.
Französin Frappart leitet DFB-Spiel
Ein Spiel für die Fußball-Geschichtsbücher wird die 112. WM-Partie der Nationalmannschaft auf jeden Fall: Erstmals leitet eine Frau ein Spiel bei einer Männer-Weltmeisterschaft. Es ist die Französin Stephanie Frappart (38). Auch sie könnte mitentscheiden, ob das DFB-Team noch länger in Katar bleiben wird. Sie genieße sein „hundertprozentiges Vertrauen“, sagte Flick. Er wünsche ihr eine gute Leistung – und noch viel mehr seiner eigenen Mannschaft.
Mit allen 26 Spielern seines Kaders hat Hansi Flick das Abschlusstraining für das letzte WM-Gruppenspiel gegen Costa Rica absolviert. Leon Goretzka, Thilo Kehrer und David Raum, die am Vortag individuell trainiert hatten, kehrten somit zum Team zurück. Oliver Bierhoff rechnet offenbar mit einem Startelfeinsatz von Niclas Füllkrug. „Niclas hat natürlich alles gezeigt, dass man auf ihn zählen kann, auch von Anfang an. Er ist jemand, der natürlich vorne ein gewisses Gewicht reinbringt. Wir gehen davon aus, dass die Costa Ricaner da einen oder zwei Busse hinten erstmal reinstellen, da ist natürlich ein zentraler Stürmer immer gut“, sagte der DFB-Direktor am Mittwoch bei MagentaTV.