Andrea Stanzl und Gerd Pszolla laufen der Pandemie einfach davon
Den Kopf freimachen für andere Dinge im Leben, mit diesem Motto waren die Waltroper Marathonläufer Andrea Stanzl und Gerd Pszolla angetreten beim Münster-Marathon. Schließlich war es lange, viel zu lange nicht möglich gewesen, an einem Marathon teilzunehmen. Und die beiden Waltroper haben schon einige dieser 42,195-Kilometer-Läufe absolviert: Tokio, Sydney, Kapstadt, Boston, London, Madrid… um nur einige zu nennen. Aber zuletzt sah es schlecht aus für ambitionierte Läufer: „Viele Marathonveranstaltungen wurden abgesagt, der Marathon-Veranstaltungskalender lichtete sich immer mehr“, sagt Gerd Pszolla. Die Läufe in Köln, Düsseldorf und Frankfurt seien zum Beispiel ausgefallen. Im vergangenen Jahr waren die beiden Sportler „aus Verzweiflung“ schon auf die Zugspitze gestiegen, weil der lange herbeigesehnte und legendäre Lauf in New York, an dem sie teilnehmen wollten, ebenfalls flach fiel.
Aber wie viele Marathonläufer sagen Andrea Stanzl und Gerd Pszolla: „Wir brauchen die Wettkampf-Atmosphäre, um über die Marathondistanz unsere Leistung abrufen zu können.“
Dass mit Münster ein Lauf quasi vor der Haustür stattfand, bezeichnen die beiden als „Glücksfall“. Aber: Die Organisatoren mussten sich ziemlich verrenken, damit es überhaupt dazu kam. Wer jemals unter den Bedingungen einer Corona-Schutzverordnung eine solche Veranstaltung auf die Beine gestellt hat, der ahnt, was alles gewährleistet sein musste.
Die 3-G-Regel gehört ja mittlerweile zum „guten Ton“, und auch für die gut 2100 Läuferinnen und Läufer, die in der Westfalenmetropole an den Start gingen, war das nicht anders. Aber: Entscheidend für jegliche Art von Sport ist bekanntlich „Puste“. Puste, die in diesem Falle allerdings durch Mund-Nasen-Schutze gehen musste, teilweise jedenfalls. „Der Start mit Maske war natürlich ganz ungewöhnlich“, erzählt Andrea Stanzl. So war die Auflage: Start mit Maske. Erst, nachdem sich das Feld einen Kilometer nach dem Start gelichtet hatte, durften die Masken abgenommen werden. „Fallen“ aber lieber nicht, denn im Zieleinlauf wurden sie dann wieder nötig. Aber mit dem Ablegen der Maske sei das Thema Pandemie aus dem Kopf herausgewesen, schildern Stanzl und Pszolla. „Wir hatten das Ziel vor Augen, wir liefen in der Gemeinschaft.“
Übrigens: Der Pandemie wegzulaufen, das war das Eine. Sportlich gesehen war das Ganze aber auch überaus beachtlich. Sein Maßstab sei der letzte Lauf vor der Pandemie gewesen – das war im Oktober 2019 in Frankfurt. Pszollas Endzeit damals: 4:48:58 Stunden. „Diese Zeit wollten wir nach der langen Pause mit ins Ziel nehmen“, berichten die Waltroper. Und tatsächlich: Als Gerd Pszolla schließlich auf dem Münsteraner Prinzipalmarkt auf dem roten Teppich ins Ziel lief, da standen 4:49:34 Stunden auf der Uhr – nur 36 Sekunden mehr als in Frankfurt vor zwei Jahren. Nach gut fünf Stunden konnte er nach seinem Zieleinlauf auch seine Ehefrau in die Arme nehmen. „Gerd war einfach zu schnell, ich konnte das Tempo nicht mithalten“, erzählt Andrea Stanzl (Altersklasse W55).
Allerdings: Viel mehr wert als Zeiten und Werte ist es sicherlich, sich wieder ein Stückchen Normalität erlaufen zu haben…
Zweiter in der Altersklasse und WM-Punkte
Mit diesem Ergebnis muss man sich nicht verstecken: Gerd Pszolla erreichte in seiner Altersklasse (M75) den 2. Platz. Bedeutete: Er durfte bei der Siegerehrung aufs Treppchen. Erstmals übrigens – ein besonderes Highlight. Aber es gab auch noch Punkte in der Altersklassen-Weltmeisterschaft, die „Abbott World Marathon Majors“ veranstaltet. 4000 Punkte sind möglich, Gerd Pszolla erhielt nicht weniger als 3306 Punkte. „Nach den Regeln des Veranstalters werden aus den zwei besten Qualifizierungsläufen die Punkte addiert und in die Gesamtwertung übernommen“, erklärt Pszolla. Ihm fehlt nun also noch ein erfolgreicher Marathon in diesem Jahr, um die Qualifikationskriterien zu erfüllen.