
14 Prozent für die rechtspopulistische AfD im Wahllokal V+E, 15 Prozent im Quartiershaus Alter Graben und sogar 15,3 an der Lindgren-Schule I: Was hat die Bürger in diesen Bezirken dazu getrieben, eine Partei zu wählen, die in Waltrop praktisch kein Gesicht gezeigt hat und die im Wahlkampf lediglich eine Handvoll Wahlplakate an der Leveringhäuser Straße aufgehängt hat?

Auch Bürgermeister Marcel Mittelbach zeigt sich verwundert über diese Zahlen: „Gerade im Quartier Alter Graben hat sich die Stadt doch in den letzten Jahren stark engagiert. Da kann ich eine solche Quittung nicht verstehen“, sagt er auf Anfrage unserer Redaktion. Das müssen man kritisch hinterfragen, merkt er an. Auch für den Bezirk V+E, eigentlich ein ländlicher Bereich mit CDU-Tradition, und den Bezirk Lindgren-Schule I, sonst eine Hochburg der Sozialdemokraten, findet er keine Erklärung. „Vielleicht war es eine Protestwahl“, mutmaßt er – schließlich habe man nicht das Stadtparlament, sondern den Bundestag gewählt.
Bürgermeister setzt auf eine Ampel mit Grünen und FDP
Zugleich reklamierte Mittelbach, der bekanntlich nur noch bis Mittwoch (29. 9.) Chef der örtlichen Genossen ist, den Regierungsauftrag für die Partei mit den meisten Stimmen. Und das ist bekanntlich, wie jetzt feststeht, die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz. Auch die erneute „GroKo“ unter Führung der SPD lehnt er ab. Die Bürger hätten mehrheitlich den Wechsel gewählt, meint er, deshalb müsse jetzt mit den Grünen und der FDP über eine Ampel verhandelt werden.
Ostvest-Bürgermeister drängen gemeinsam auf Schuldenschnitt
Zugleich hofft Mittelbach, dass es mit einem neuen SPD-Kanzler Scholz endlich einen finanziellen Neustart für die überschuldeten Kommunen im Ruhrgebiet gibt, die schon seit Jahrzehnten unter einem harten Sparzwang litten. Es gehe um die Befreiung von den Altschulden, die immensen Sozial- und Coronakosten, eine Finanzverteilung, die nicht mehr zulasten der Kommunen geht, und um faire Förderprogramme, die arme Städte und Kreise nicht von Zukunftsinvestitionen abhängen. „In dieser Frage sind wir uns übrigens mit den CDU-regierten Städte wie etwa Oer-Erkenschwick einig“, betont Mittelbach – und kündigt an: „Hier werden wir auch nach der Wahl nicht lockerlassen.“ Dazu präsentiert Mittelbach ein Foto mit André Dora (Datteln/SPD) und Carsten Wewers (Oer-Erkenschwick/CDU), das den Schulterschluss unterstreichen soll.